Es ist nicht lange her, da beendete ich eine achtstündige Runde „The Witcher 3“. Mit schmerzendem Rücken, voller Blase und gleichzeitig dehydriert wankte ich zur PlayStation und schaltete sie aus. Danach kam mir der Gedanke „Warum tust du dir das an?“, die Antwort war jedoch ziemlich einfach: Ich hatte unglaublich viel Spaß.
So viel Spaß, dass ich mal eben alles vernachlässigte.
Ein Phänomen, das man Hyperfokus nennt. Ein Tool, das Segen und Fluch ist. Es erlaubt mir, auch mal über sechs Stunden am Stück ohne Unterbrechung und hochkonzentriert zu arbeiten, oder eben einem Hobby nachzugehen. Nachteil ist, dass mein Körper extrem darunter leidet. Der „Tunnel“, wie ich ihn nenne, lässt mich lethargisch und ausgelaugt zurück. Wenn es aber um eine Sache geht, die mir unglaublich viel Freude bereitet, bin ich auch zufrieden.
Habe ich auf so eine Sache einmal meinen Hyperfokus gesetzt, wandelt sich dies schnell zu einer Hyperfixation.
Ich erlebe dies seit meiner Kindheit und hangel‘ mich seitdem von Hyperfixation zu Hyperfixation. Meistens waren es Mangareihen oder Serien. Habe ich diese Hyperfixation einmal gesetzt, wird es Lebensinhalt für mich.
Wer mich schon mehrere Jahre auf Twitter kennt, konnte dies wohl gut beobachten. Von Death Note zu Hannibal zu The Witcher, egal was es war, ich nutzte jede Gelegenheit das Objekt meiner Hyperfixation in ein Gespräch einzubauen, schrieb zahlreiche Tweets und ging den meisten Leuten gehörig auf die Nerven.
Neurotypische Menschen vergessen oft, welche Bedeutung das für uns hat. Als Mensch, der neben ADHS auch Depression hat, sind Hyperfixations oft das Einzige, was mir positive Gefühle verschaffen kann. Aus diesem Grund ist es für mich wichtig, dass Menschen Verständnis dafür zeigen, wenn ich mal wieder grundlos und kontextfrei über Hannibal rede oder eine The Witcher Referenz mache. Hyperfixation ist eine Flucht für mich, eine Quelle nahezu endloser Energie und Glückseeligkeit.
Also waren quäle ich mich für mehrere Stunden vor der Konsole und ignoriere jegliche Signale meines Körpers? Weil ich daraus etwas ziehe, das essentiell für meine mentale Gesundheit ist, denn im Gegensatz zum Hyperfokus auf Arbeit und Studium macht der Hyperfokus auf eine meiner Hyperfixations mich nicht nur müde, sondern auch glücklich.
Gerade als jemand, der es an manchen Tagen nicht mal aus dem Bett schafft, macht es manchmal auch stolz, stundenlang mit intensiver Konzentration gezockt zu haben oder eine ganze Nacht über einem Hannibal Fanart gehangen zu haben.
Hyperfixation ist okay, wir brauchen nur mehr Nachsehen mit ihrer Existenz.